Holtenauer Geschichte

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Die Levensauer Hochbrücke

Die Levensauer Hochbrücke ist mit dem Baujahr 1894 die älteste Brücke am Nord-Ostsee-Kanal und ein ganz spezielles Kind Kaiser Wilhelm II. So soll ihr Aussehen direkt auf Pläne des Kaisers zurückgehen, denn ursprünglich war an ihrer Stelle eine Drehbrücke — wie sie dann in Rendsburg gebaut wurde — geplant gewesen. Der Bau von Brücken war gerade in tief liegendem Gelände schwierig und teuer und nur bei Grünental und Levensau bot sich der Bau einer Hochbrücke wegen der dortigen hohen Uferböschungen an. Ansonsten wollte man sich mit Fähren oder Schwimmbrücken wie auch in Holtenau behelfen.

Levensauer
        Hochbrücke Abb.: Die Levensauer Hochbrücke mit ihren ursprünglichen Türmen.

Daß ursprünglich auch für den Standort Levenau eine Drehbrücke geplant war und nur die Initiative des Kaisers zum Brückenbau führte, zeigt der folgende Ausschnitt aus der Kanalzeitung vom 17. Oktober 1891:

Kiel, 14. Oktober. Ursprünglich ist beabsichtigt, daß die Überführung von vier Eisenbahnlinien und drei Landstraßen über den Nordostsee-Kanal durch eine Hochbrücke bei Grünthal und sechs Drehbrücken erfolgen soll. Bei der letzten Anwesenheit des Kaisers in Levensau hat Se. Majestät sich eben dahin geäußert, daß es geraten erscheine, anstatt der geplanten Drehbrücke von 36 Meter lichter Weite eine Hochbrücke von 42 lichter Höhe herzustellen. Wie wir hören, ist man gegenwärtig damit beschäftigt, die bezüglichen Zeichnungen, Kostenanschläge usw. zur Herstellung einer Hochbrücke bei Levensau anzufertigen.


Schließlich übertraf die Levensauer Hochbrücke die Spannweite der am 3. Dezember 1894 eingeweihten Grünthaler Hochbrücke noch um 8,5 Meter. Die Konstruktion beruht auf zwei 163 Meter langen Stahlbögen, die beiden Brückenköpfe besaßen ein Portal mit jeweils zwei 70 Meter hohen Türmen. Alleine die Überbauten aus Schweiß-, Gußeisen und Stahl über den beiden Bögen hatten ein Gewicht von mehr als 2.800 Tonnen.

Levensauer Hochbrücke Torbogen Abb.: Torbogen der Levensauer Hochbrücke. Blick vom Südufer aus.

Kaiser Wilhelm II., der sich während des Kanalbaus häufig in Kiel aufhielt, besuchte auch die sich im Bau befindliche Brücke mehrere Male. Zuerst zur Grundsteinlegung am 21. Juni 1893, schließlich auch zu ihrer Fertigstellung und Einweihung am 3. Dezember 1894 (man beachte die im Vergleich zu heute unglaublich kurzen Bauzeiten!).

Grundsteinlegung 1893 Abb.: Grundsteinlegung durch Kaiser-Wilhelm II. am 21. Juni 1893.

Auch nachdem er die Grundsteinlegung vollzogen hatte, machte sich der Kaiser mehrfach durch Besuche ein Bild von den Baufortschritten, was ja auch recht bequem war, residierte doch sein Bruder Prinz Heinrich auf dem Kieler Schloß. In einem zeitgenössischen Zeitungsartikel wurde folgendermaßen über das Lieblingskind des Kaisers berichtet:

Der Bau der Hochbrücke bei Levensau hat bedeutende Fortschritte gemacht. Das in Form eines riesigen Bogens den Kanal überspannende, von Hunderten und aber Hunderten von Balken und Streben getragene Baugerüst ist auf einer Überseite mit einem sicheren Bohlenbelag versehen, so daß Handwerker sich ungefährdet überall bewegen können. Oberhalb des Bogens ruhen auf eisernen Säulen zwei Laufkräne, welche die meistens auf dem Wasserwege angefahrenen Eisenteile für die eigentliche Brücke heben. Mit großem Fleiß wird an den Brückenpfeilern gearbeitet. Der Hauptpfeiler erhebt sich schon fast bis zum Bahnniveau. Die vier Haupttürme der Brücke werden außer mit sonstigem architektonischen Schmuck auf der West- und Ostseite noch durch je einen Wappenschild geschmückt werden, die aus einem im Relief in Sandstein gearbeiteten heraldischen Reichsadler bestehen. Ihre Höhe beträgt etwa 4,2 Meter, die Breite etwa 2,7 Meter. Jeder Schild wird aus acht Werkstücken zusammengesetzt, deren Farbe und Korn genau zusammenpassen müssen. Dem Vernehmen nach ist die Ausführung der Arbeiten und Lieferungen für die Wappenschilder der Kieler Bildhauerfirma Schlauch & Rößler, A. Müllenhoff Nachf., übertragen worden.

Bau der Levensauer Hochbrücke Abb.: Bau der Levensauer Hochbrücke im August 1894.

Die Brücke wurde am 3. Dezember 1894 durch Kaiser-Wilhelm II. eingeweiht, für den gerade diese Brücke eine Herzensangelegenheit war. Sie war mit ihrer Länge von 180 Metern zu ihrer Zeit die längste Bogenbrücke im Kaiserreich. Die Böschungen der Brücke sind äußerst steil, was den zunehmenden Schiffsgrößen im Kanal geschuldet war. Der Name der Brücke geht auf das Flüßchen Levensau zurück, dessen Tal zur Kieler Förde man beim Bau des Eiderkanals folgte.

Beim Bau der nahezu gleichen Grünentaler Hochbrücke wendete man um Kosten zu senken folgendes Verfahren an:

Für die Montage dieser Brücke wurde ein Lehrgerüst benutzt, das vor dem Ausheben des Kanalbettes aufgestellt worden war, um Gerüstkosten einzusparen. Seitlich neben dem Brückenbauwerk wurde im gleichen Zuge das Kanalbett ausgehoben und der Boden für die Brückendämme verwendet. Nach Fertigstellung der Brücke und dem Abbau des Lehrgerüstes konnte das Kanalbett weiter ausgehoben und auf volle Tiefe gebracht werden.1

Anders bei der Levensauer Hochbrücke:

Anstelle der Levensauer Hochbrücke war zunächst eine Drehbrücke geplant. Die Entscheidung für die Hochbrücke fiel erst, als das Kanalbett schon ausgehoben und mit Wasser gefüllt war. Hier mußte für die Montage des Stahlüberbaus ein großes Lehrgerüst erstellt werden.2

Levensauer Hochbrücke um 1910 Abb.: Die Levensauer Hochbrücke um 1910.

Bereits für das Jahr 1939 gab es Pläne, die Brücke im Rahmen einer geplanten Kanalerweiterung durch eine Neukonstruktion zu ersetzen. Auch heute noch bildet die Brücke durch ihre Bögen und dem Uferbereich der Böschungen große Betonkonstruktionen (so genannte Reserve­fundamente) versenkt, die ein Abrutschen der Böschungen in den Kanal — z. B. in Folge von Bombentreffern oder Sprengungen — verhindern sollten.

Die markanten 70 Meter hohen Türme der Brücke wurde im Jahre 1954 im Zuge größerer Umbauten an der Brücke demontiert, um die Fahrbahn verbreitern zu können. Man entfernte die markanten Türme und Portale und die gesamte Stahlkonstruktion oberhalb der Bögen um Platz für eine erweiterte Fahrbahn zu gewinnen und veränderte damit das bisherige Aussehen dieser markanten Brücke grundlegend.

Zudem wurden hier noch die im Zweiten Weltkrieg gebauten Reservefundamente (siehe oben!) entfernt, die die Brückenböschungen im Falle von Kriegseinwirkungen abstützen sollten, jedoch den Kanalwasserspiegel von 102 auf 74 m Breite verengt hatten. Auch die Uferböschungen der Brücke mußten neu gesichert werden. Sie waren bei der Kanalerweiterung steiler als ansonsten üblich eingestellt worden und mußten aus diesem Grunde mit Pflastersteinen beschwert werden um Rutschungen zu verhindern. Ende August 1954 konnte die Brücke wieder für den Verkehr freigegeben werden.

Reichsadler Abb.: Eine der abmontierten Tafeln mit dem Reichsadler steht heute auf der Holtenauer Schleuse.

Zwei der ebenfalls zusammen mit den vier Türmen demontierten jeweils 6 Meter hohen und 21 Tonnen schweren Tafeln mit dem Reichsadler wurden dabei allerdings zerstört, die anderen beiden Tafeln lagerten bis in die neunziger Jahre in einem der Widerlager der Brücke bis schließlich eine der beiden Gedenktafeln auf dem Holtenauer Schleusengelände aufgestellt wurde.

Bilder der Levensauer Hochbrücke

Gerade von der Levensauer Hochbrücke gibt es unzählige Bilder zusammen Kriegsschiffen der Kaiserlichen Marine. Hier eine Auswahl:

SMS Elsaß Abb.: Die SMS Elsaß, Linienschiff der Kaiserlichen Marine.

 Aviso Hela Abb.: Aviso Hela.

SMS
        Augsburg Abb.: SMS Augsburg.

SMS Dresden Abb.: SMS Dresden.

SMS Prinz Heinrich Abb.: Die SMS Prinz Heinrich unter der Levensauer Hochbrücke. Deutlich zu erkennen ist das enge Fahrwasser.

Eisenbahn auf der Brücke Abb.: Blick Richtung Osten. Hinten wahrscheinlich die Suchsdorfer Windmühle.

Levensauer Hochbrücke Abb.: Blick von der Südseite des Kanals aus.

Torpedoboot unter der Levensauer Hochbrücke 1914 Abb.: Deutsches Torpedoboot unter der Levensauer Hochbrücke.

Kaiseradler an den
      Widerlagern.
Siehe auch:

© Bert Morio 2017 — Zuletzt geändert: 23-09-2017 08:34

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  1. Rassmus, Egon (1989): Entwicklung des Stahlbrückenbaus am Nord-Ostsee-Kanal (NOK). In: Mitteilungsblatt der Bundesanstalt für Wasserbau 65. Karlsruhe: Bundesanstalt für Wasserbau. S. 97-116, hier S. 100. 

  2. Rassmus, Egon (1989): Entwicklung des Stahlbrückenbaus am Nord-Ostsee-Kanal (NOK). In: Mitteilungsblatt der Bundesanstalt für Wasserbau 65. Karlsruhe: Bundesanstalt für Wasserbau. S. 97-116, hier S. 101.